Es wirkt, als sollte es nicht gefunden werden. Der Weg zum neuen, weltweit größten Testgelände von BMW führt entlang von verwaisten Landstraßen. Hier, wo die Mobilität der Zukunft auf 600 Hektar als erstes erfahren werden soll, wirkt der Rest der Landschaft eher melancholisch. Da passt der gigantische Tagebau Druzba als Nachbar ins Bild. Vorbei am schier endlosen Loch in der Erde erscheint das Future Mobility Development Center der BMW Group. Hier testet der OEM zurzeit unter anderem das autonome Fahren auf Level 3, Automated Valet Parking und die Weiterentwicklung der M Mixed Reality. Anfang Juni gewährte BMW anlässlich der offiziellen Eröffnung des Testgeländes vorab erste Einblicke.
Das Future Mobility Development Center in Sokolov
- weltweit größtes Erprobungsgelände von BMW
- 300 Millionen Euro Invest
- 600 Hektar Grundstücksfläche
- mehr als 100 Mitarbeiter
- Fokus auf hoch- und vollautomatisiertes Fahren und Parken
- vierter Standort nach Aschheim bei München, Miramas in Frankreich und Arjeplog in Schweden
BMW will Level 3 zum Jahresende einführen
Die Fahrt zur sechs Kilometer langen Testautobahn dauert vom Bürokomplex aus rund fünf Minuten. Immer wieder muss sich der Fahrer an Kontrollpunkten ausweisen. An einem kleinen Pavillon warten die Experten, die hier in Sokolov das autonome Fahren auf Level 3 testen. Ende des Jahres will BMW die Technik zur Serienreife bringen und damit zu Mercedes aufschließen, dessen Drive Pilot in Deutschland und Teilen der USA bereits zugelassen ist. Sobald das vorausfahrende Fahrzeug konstant unter 60 km/h fährt, erscheint im Display der Vorschlag, die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Minutenlang fährt der M760e autonom auf dem Rundkurs. Der Fahrer kann jetzt entspannt Bundesliga schauen oder einfach die Landschaft genießen. Die Testfahrt endet ereignislos. Wie sich die Technologie im realen Verkehr schlagen wird, muss sich zeigen. Die aktuell eingesetzte Technik ist bereits für Level-3-Fähigkeiten ausgelegt. Der Rollout soll aber erst erfolgen, wenn man sich wirklich sicher ist, dass die Technik zuverlässig funktioniert.
BMW will beim AVP aufholen
Wiederum mehrere Minuten dauert die Fahrt zur nächsten Testfläche, auf der ein BMW iX noch einen Schritt weiter ist und gänzlich ohne Insassen umherfährt. Hier testet BMW gemeinsam mit Valeo das autonome Parken. Was beim ersten Blick nicht erkennbar ist – der iX wird ferngesteuert. In Sichtweite steht ein weißer Container, in dem ein Experte von Valeo das Fahrzeug an einem mit drei Bildschirmen ausgestattetem Cockpit navigiert. Doch nicht nur das Teleoperate Parking ist Teil der Tests in Sokolov. Auch beim Automated Valet Parking versuchen die Münchner den Anschluss an Mercedes zu halten, verfolgen dabei aber primär den Ansatz, das Fahrzeug mit genügend Technik auszustatten, damit die fahrerlose Parkplatzsuche funktioniert. Mercedes stattete gemeinsam mit Bosch dagegen auch das Parkhaus am Stuttgarter Flughafen mit entsprechender Sensorik aus. Der Erfolg gab den Schwaben recht. Seit Ende 2022 hat man die Zulassung.
So funktioniert BMW M Mixed Reality
Vom Parken in Schrittgeschwindigkeit geht es weiter zum Vollgas-Abenteuer auf dem Testgelände in Sokolov. Auf der 300 mal 300 Meter großen Freifläche steht der BMW M4. Der Fahrer bekommt eine VR-Brille auf und von jetzt auf gleich verschwindet der Blick auf die makellose Freifläche und eine Spielwelt im Stil des Videospiels Mario Kart erscheint. Auf dem Beifahrersitz, in dessen Fußraum auch noch Sicherheitspedale verbaut sind, sitzt ein BMW-Experte, der im Notfall abbremsen kann. Doch die Rennstrecke in der virtuellen Welt ist so konstruiert, dass sich der M4 in der echten Welt nie den Rändern der 9 Hektar großen Asphaltplatte nähert. In dem Wissen fährt es sich, trotz des extremen Adrenalinspiegels, dass die VR-Brille und die Geräusche des M4 in Kombination liefern, mit einem sicheren Gefühl.