Volvo EX30

Der Innenraum des Volvo EX30 ist extrem aufgeräumt. (Bild: Volvo)

Ob es an seiner schwedischen Heimat liegt, dass der EX30 beim Betreten automatisch das Bedürfnis seines Fahrers nach warmen Händen zu erkennen meint? Wir wissen es nicht. Doch Ende November bei sechs Grad Außentemperatur ist es eine durchaus angenehme Begrüßung. Allgemein heizt das Kompakt-SUV sehr schnell ein, was das Tragen einer Jacke selbst bei Kurzstrecken überflüssig macht. Doch bevor es überhaupt losgehen kann, beginnt erst einmal die große Sucherei. Im EX30 hat Volvo den Trend zum Minimalismus auf die Spitze getrieben. Haptische Knöpfe oder Regler? Auf den ersten Blick sucht man diese vergeblich. Lediglich die Regler zum Öffnen der Fenster sind am Ende der Armlehne in der Mitte übriggeblieben. Ebenso fehlt ein klassisches Cockpit hinter dem Lenkrad oder ein Head-up-Display. Der Blick nach vorn offenbart einem lediglich die Straße.

Was einerseits gut sein kann, sorgt spätestens beim Blick nach rechts, beziehungsweise in die Mitte auf den 12,3-Zoll-Touchscreen im Hochformat für Ablenkung. Immerhin: Ein Infrarotsensor auf der Lenksäule trackt die Augen des Fahrers zuverlässig und meldet sich zeitnah, wenn der Blick zu lange auf dem Tablet in der Mitte verweilt. Bei ersten Anzeichen von Müdigkeit, im Praxistest reichte ein einfaches Gähnen, blinkt eine Kaffeetasse in Weiß zusammen mit einer Meldung, die den Fahrer zum Einlegen einer Pause auffordert. Liegen noch stärkere Anzeichen von Müdigkeit vor, soll die Kaffeetasse in Rot blinken.

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Einfachheit ist Trumpf

Was man den Skandinaviern zugute halten muss: Es reichen wenige Minuten, um sich mit dem Bediensystem vertraut zu machen. Das liegt nicht zuletzt an Android Automotive mit Diensten wie Google Maps und Google Assistant. Selbst Apple-Hardliner sollten keine Probleme haben, sich schnell an die Menüführung zu gewöhnen. Bei wem die Sehnsucht nach dem Apfel-Universum trotzdem zu groß ist, bleibt die Möglichkeit, CarPlay drahtlos zu aktivieren. Generell gelingt es Volvo mit dem EX30 sehr gut, die anfängliche Verwirrung rasch zu entwirren. Von nun an überwiegt die Freude an der Einfachheit. Der rechte Wahlhebel, üblicherweise für Scheibenwischer genutzt, dient beim EX30 zur Gangwahl. Der Parkmodus wird per Knopfdruck aktiviert und der Tempomat lässt sich durch vollständiges Herunterziehen des rechten Hebels aktivieren, was zuverlässig funktioniert. Die einzig verblieben haptischen Tasten befinden sich in neunfacher Anzahl am Lenkrad, darunter für Lautstärke, Titelwechsel, Tempomat-, Sprachsteuerung und einer frei belegbaren Taste.

Konzert-Feeling mit der Swedish House Mafia

Der wohl noch bekanntere schwedische Exportschlager mit zwei identischen Vokalen im Namen heißt Abba. Und egal ob deren Welthits oder die satten Bässe der Swedish House Mafia – das Harman Kardon Premium Sound System sorgt, wie vom Hersteller versprochen, für ein einzigartiges Klangerlebnis. Die Soundbar, die mehrere Lautsprecher des Audiosystems beherbergt, erstreckt sich über die gesamte Breite der Armaturentafel. Sie befindet sich unter der Windschutzscheibe und fügt sich nahtlos in das Cockpit-Design ein. Kristallklare Sounds lassen die Herzen von Musikfans höherschlagen. Die Experience der User wird hier wirklich zu vollster Zufriedenheit befriedigt. Einziger Wermutstropfen: Aufgrund des Verzichts auf Knöpfe, lässt sich die Lautstärke der Musik nur über den Button am Lenkrad steuern und dieser reagierte im Test nicht immer zuverlässig. Über das Tablet bedarf es immer zwei Klicks, um den Lautstärkeregler anwählen zu können.

Serienmäßige Ausstattung des EX30

Android Automotive Infotainmentsystem, Audiosystem High Performance Sound mit Soundbar, Digital-Radioempfang (DAB+), 12,3-Zoll-Touchscreen, 5G-Internetverbindung, Google Services mit Google Maps, Google Assistant und Google Play Store, kabelloses Apple CarPlay, Volvo EX30 App mit digitalem Schlüssel und Carsharing-Funktion, Key Card zum Ent- und Verriegeln der Türen per NFC, Convenient Entry & Start System, Klimaautomatik, Vorklimatisierung des Innenraums, Sportlenkrad, elektrische Fensterheber vorn und hinten, Licht- und Regensensor, elektrische Parkbremse, Einparkhilfe hinten mit automatischem Bremseingriff, LED-Scheinwerfer mit integrierten LED-Tagfahrleuchten, verkleideter Kühlergrill in Wagenfarbe, 18-Zoll-Leichtmetallräder.

Fahrspaß sorgt für Ladefrust

Trotz seiner SUV-Form vermittelt der EX30 ein Go-Kart-Feeling. Das Lenken, Beschleunigen und Bremsen macht großen Spaß. Die von uns getestete Top-Version, der Twin Motor Performance AWD mit Allradantrieb und zwei Elektromotoren, die gemeinsam 315 kW (428 PS) produzieren, beschleunigen den EX30 innerhalb von 3,6 Sekunden von null auf 100 km/h. Man fühlt sich wie beim Start eines Flugzeugs, wenn der Schwede nahezu geräuschlos Vollgas gibt. Trotz regennasser Fahrbahn bleibt das Auto extrem stabil und vermittelt einen sehr sicheren Eindruck. Auch diese Experience verdient eine Eins mit Sternchen. Eher mangelhaft sind dagegen die Folgen des kurzzeitigen Adrenalinkicks. Wie nicht anders zu erwarten, leidet die Reichweite massiv unter einem dynamischen Fahrstil. Dabei reicht es schon, wenn man konstant mehr als 110 km/h fährt. Um von Köln bis Lehrte, kurz hinter Hannover, zu kommen, musste der Wagen im Praxistest dreimal an die Ladesäule. Und hierbei kamen leider sehr selten die maximalen 153 kW an. Laut Volvo liegt die maximale Reichweite des 69-kWh-Akku Reichweite bei 450 Kilometern. Bei Temperaturen um die fünf Grad und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125 km/h auf der Autobahn kann davon jedoch keine Rede sein.

Wie sicher ist Volvos Safe Space?

Mit fortschrittlicher Außen- und Innensensorik bietet das Advanced Driver Assist System (ADAS) des EX30 ein hohes Maß an Fahrerunterstützung, heißt es vom OEM. Im Praxistest offenbart der EX30 jedoch noch Schwächen. Der sogenannte Pilot Assist ist darauf angewiesen, dass Fahrbahnmarkierungen vorhanden sind. Doch selbst wenn dem so ist, erkennt das System die Fahrbahnmarkierungen nicht immer korrekt. Einige Male steuerte das Auto bedenklich scharf Richtung Graben, sodass das persönliche Sicherheitsempfinden ein Eingreifen ins Lenkrad erforderte. Generell greift das System teils zu strikt ein, was ein unrundes Fahrgefühl vermittelt. Auch das Abbremsen bei plötzlich auftauchenden Hindernissen erfolgt manchmal zu abrupt. Parkende Fahrzeuge am Straßenrand werden gelegentlich als vorausfahrende Fahrzeuge fehlinterpretiert, was ein unnötiges Abbremsen auslöst. Hier besteht Optimierungsbedarf.

Assistenzysteme im EX30

  • Driver Awareness mit BLIS,
  • Cross Traffic Alert, Door Opening Alert, Safe Exit sowie Heckaufprallabschwächung
  • Safety Assistance inkl. Fußgänger- und Fahrradfahrererkennung sowie Kreuzungsbremsassistent,
  • Pilot Assist und Emergency Stop Assist, Driver Alert, Speed Limiter, Lane Keeping Aid, Road Sign Information (RSI)
  • Spurwechselassistent
  • Run-off Road Protection
  • Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS)

Generell bieten die Fahrerassistenzsysteme jedoch viele Anpassungsmöglichkeiten. Spurhalte- und Spurwechselassistenten können separat aktiviert werden, ebenso wie einstellbare Höchstgeschwindigkeiten und Abstände zu vorausfahrenden Fahrzeugen. All diese Dinge sind jedoch bei vielen Wettbewerbern auch Standard. Besonders gut funktioniert das One-Pedal-Drive-System. Geht man vom Gas, bremst der EX30 selbständig, was den Einsatz der eigentlichen Bremse erheblich reduziert. Das Entschleunigen funktioniert angenehm soft, aber gleichzeitig stark genug, um beispielsweise schnell von 100 auf 70 km/h zu kommen, ohne auf die Bremse treten zu müssen. Gesteuert von einer zentralen Recheneinheit, liefern fünf Radare – ein Frontradar sowie jeweils zwei Seitenradare vorn und hinten – sowie eine Frontkamera eine präzise 360-Grad-Ansicht um das Fahrzeug herum. Hinten ist der Volvo EX30 zudem mit einer Weitwinkel-Rückfahrkamera und vier Ultraschallsensoren ausgestattet. Aktuelle Kartendaten liefern außerdem neueste Informationen zur Straßenumgebung.

Fazit

Der Volvo EX30 macht Spaß. Die Bedienung ist schnell erlernt und in weiten Teilen intuitiv. Volvos Entscheidung, stark auf externe Partner wie Nvidia, Qualcomm oder Google zu setzen, macht sich bezahlt. Das Betriebssystem läuft sehr flüssig. Besonders hervor sticht das grandiose Soundsystem, was in einem Fahrzeug mit einem Startpreis unterhalb von 37.000 Euro alles andere als Standard ist. Wie bei den meisten Elektroautos macht das Fahren im Winter auf langen Strecken jedoch keinen Spaß. Zu oft muss nachgeladen werden. Immerhin schlägt Google Maps hier zuverlässig geeignete Ladesäulen vor. Bei den Assistenzfunktionen performt der EX30 solide. Der Pilot Assist offenbart hingegen noch einige Schwächen. Immerhin merkt man schnell, was der EX30 kann und was nicht. Einmal darauf eingestellt, ist die Nutzung der Assistenzsysteme und vor allem des Infotainments letztlich eine positive Erfahrung.

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