
Auch bei eisigen Temperaturen konnte der ID.7 im Test überzeugen.
Noch nie wurde ein Auto im alljährlichen Test des größten deutschen Automobilclubs mit der Note "sehr gut" bewertet. Bislang. Der ID.7 von VW änderte diese Bilanz als erstes Fahrzeug überhaupt. Grund genug, sich den "gebürtigen" Ostfriesen selbst genauer anzusehen. Gebaut wird der Volkswagen im Emder Werk. Und das soll auch so bleiben. Für zwei Wochen konnten wir die Limousine in der Pro-Version testen. Dabei lag der Fokus wie immer vor allem auf den Assistenzfunktionen und der User Experience. Zu Letzterer zählt – vor allem im Winter – natürlich auch die reale Reichweite des Stromers. So viel sei vorweggenommen: Von bis zu 395 Kilometern kann bei konstant knackigen Minusgraden, die Mitte Februar im niedersächsischen Testgebiet herrschten, nicht die Rede sein. Dennoch: Der ID.7 überzeugte auch uns.
Infotainment und User Experience im ID.7
Der zentrale Bildschirm des ID.7 im Querformat präsentiert eine übersichtliche Kachelansicht, die stark an das Design von Apple Car Play erinnert. Das Navigationssystem ist in die Oberfläche integriert und kann mit verschiedenen Widgets personalisiert werden. Da ein haptischer Lautstärkeregler fehlt, werden Lautstärke und Klimasteuerung ausschließlich über Touch-Sensoren unterhalb des Displays geregelt. Die obere Leiste des Bildschirms bietet Schnellzugriffspunkte, die individuell anpassbar sind. Das Hauptmenü ist, ähnlich wie bei Smartphones, mit verschiedenen Icons gestaltet. Apple CarPlay und Android Auto sind nahtlos integriert.
Das Infotainmentsystem umfasst Funktionen wie den Online-Sprachassistenten „IDA“, der mit Chat GPT verbunden ist. Zudem gibt es eine AirConsole In-Car App, mit der Spiele direkt auf dem großen Display gespielt werden können. Optional stehen eine Wellness-In-Car-App sowie der Connected Travel Assist mit Online-Daten zur Verfügung. Leider schafft es auch VWs IDA nicht, zuverlässig zu antworten. Selbst einfachste Befehle, wie das Aktivieren der Massagefunktion stellten die ID.-Assistentin vor unlösbare Probleme.
Zu wenig haptische Regler im ID.7
Die optimierte Benutzeroberfläche bietet mehr Anpassungsmöglichkeiten und Shortcuts, wodurch sich das System deutlich flexibler bedienen lässt. Zudem arbeitet das Infotainment schnell und stabil. Die Klimabedienung wurde verbessert, insbesondere durch beleuchtete Sensorflächen unter dem Monitor, die eine einfachere Nutzung unter allen Lichtbedingungen ermöglichen. Die grundsätzlichen Klimafunktionen lassen sich direkt über einen festgelegten Bereich im Touchdisplay steuern, während eine alternative Menüführung in Klarsprache („Hände wärmen“, „Füße kühlen“) eine intuitivere Nutzung ermöglicht. Ebenfalls positiv: Shortcuts für häufig genutzte Funktionen lassen sich am oberen Bildschirmrand individuell anpassen, was die Navigation durch Menüs erleichtert. Die dynamische Lichtleiste unter der Frontscheibe bietet nützliches visuelles Feedback, etwa zu Navigationshinweisen oder Batteriestatus.
Das Infotainment-System verfügt über eine erweiterte Funktionalität: Das Navigationssystem bietet Online-Funktionen, während DAB+, Bluetooth sowie kabelloses Apple CarPlay und Android Auto serienmäßig an Bord sind. Das optionale, bei uns verbaute Harman Kardon Soundsystem klingt gut, mehr aber auch nicht. Die Klimatisierung ist weniger intuitiv als mechanische Drehregler. Zudem sorgt das Multifunktionslenkrad mit berührungssensitiven Tasten für Abzüge: Die fehlende klare Abgrenzung zwischen den Tasten sowie das künstlich erzeugte haptische Feedback erschweren die Bedienung. Auch die Wischfunktion zur Lautstärkeregelung ist unpräzise und weniger praktisch als klassische Drehregler.
Sensoren und Kameras im ID.7
- Frontradar (Mid-Range): für die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC) und weitere Funktionen
- Front-Multifunktionskamera: für Verkehrszeichenerkennung und Spurhalteassistenz
- Eck-Nanoradare vorne und hinten: für zusätzliche Sicherheit
- Ultraschallsensoren: an Front, Heck und Seiten für Parkfunktionen
- Area-View-Kamera: für eine 360°-Draufsicht
- Zusätzliche Sensoren: zur Berechnung der Fahrzeugbewegung und für weitere Funktionen wie eine automatische Heckklappe
Nerven oder helfen die Assistenzsysteme im ID.7?
Freihändiges Fahren, sei es auch nur für wenige Sekunden, ist im ID.7 nicht wirklich möglich. Das könnte sich jedoch ändern. Auf Nachfrage heißt es von VW: Die zugrunde liegende Software-Architektur des ID.7 ist wie eine serverbasierte Service-Plattform aufgebaut. Das soll eine effiziente Datenverarbeitung ermöglichen und den Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Systemen vereinfachen, ohne Abstriche bei der Sicherheit. Besonders für zukünftige Technologien wie autonomes Fahren auf Level 3 oder höher ist diese Architektur entscheidend: Während echtzeitkritische Systeme wie Lenkung und Bremsen weiterhin in separaten, speziell abgesicherten Steuergeräten arbeiten, können hochvernetzte Funktionen – etwa das Lademanagement oder der assistierte Fahrbetrieb – flexibel über verschiedene Schnittstellen genutzt und kontinuierlich optimiert werden. Diese skalierbare Struktur soll die Integration neuer Assistenzfunktionen erleichtern und das System zukunftssicher machen.
Bislang jedoch bleibt es bei der Basis-Ausstattung: Das Fahrassistenzsystem umfasst unter anderem einen Spurhalteassistenten, eine Geschwindigkeitswarnung, Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarnungen sowie den Notbremsassistenten (Front Assist). Der Travel Assist bietet zudem die Möglichkeit des assistierten Spurwechsels. Im Test funktionierte dieser jedoch nicht wirklich zuverlässig. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC) arbeitet dagegen präzise, ebenso wie der der Spurhalteassistent. Lediglich in engen Kurven greift er zu abrupt ein. Die Fahrerüberwachung arbeitet unaufdringlich und gibt nur in nachvollziehbaren Situationen Warnhinweise. Die akustische Geschwindigkeitswarnung aktiviert sich bei jedem Start automatisch – das nervt ziemlich und wer sie nur optisch nutzen möchte, muss dies umständlich im Menü einstellen.
Die Assistenzsysteme des ID.7 im Überblick
- ESP – Serie
- Abstandswarnung – Serie
- Kollisionswarnung – Serie
- City-Notbremssystem – Serie
- Vorausschauendes Notbremssystem – Serie
- Vorausschauender Kreuzungsassistent – Serie
- Vorausschauendes Fußgänger-Notbremssystem – Serie
- Querverkehrerkennung beim Rückwärtsfahren – Serie
- Geschwindigkeitsbegrenzer – Serie
- Tempomat – nicht erhältlich
- Abstandsregeltempomat – Serie
- Autobahn-/Stauassistent – Serie
- Verkehrszeichenerkennung – Serie
- Spurassistent – Serie
- Totwinkelassistent – Serie
- Spurwechselautomatik – Serie
- Ausweichassistent – Serie
- Notfallassistent – Serie
- Ausstiegswarnung – Serie
- Müdigkeitswarner – Serie
- Head-up-Display – Serie
- Warnblinker/Flashing Brake Light bei Notbremsung – Serie
- Reifendruck-Kontrollsystem (indirekt messend) – Serie
Elektronik-Architektur und OTA-Updates
Zentral-Architekturen sind bei VW im Modularen E-Antriebsbaukasten (MEB) in Serie. Hardwareseitig setzt Volkswagen beim ID.7 auf eine Zentralarchitektur. Zwei Hochleistungsrechner, die sogenannten In-Car Application Server (ICAS), übernehmen die Hauptaufgaben des Infotainments, der ADAS-Funktionen und der Powertrain-Steuerung. Dies reduziert die Anzahl verteilter Steuergeräte und ermöglicht eine einfachere Wartung und Skalierung. Generell, so Volkswagen, verfolge man eine konsequente Weiterentwicklung der zonalen Architektur im Rahmen des Software Driven Vehicle-Ansatzes und verweist auf bestehende Partnerschaften mit Rivian für die westliche Hemisphäre sowie Xpeng für den asiatischen Markt.
Die Software-Architektur ist als breite Service-Plattform konzipiert, die den Datenaustausch zwischen den Systemen erleichtert. Diese Struktur erlaubt kontinuierliche Updates über das Mobilfunknetz (OTA-Updates). Hochvernetzte Funktionen wie das Lademanagement können so aktualisiert oder erweitert werden, während sicherheitskritische Funktionen wie Bremsen und Lenkung auf separaten Steuergeräten verbleiben. Die zentralisierte Architektur bietet zudem die Möglichkeit, neue Funktionen per „Function on Demand“ bereitzustellen. Dies erlaubt es Kunden, zusätzliche Features temporär oder dauerhaft zu erwerben.
Fazit
Nach dem Ende der zweiwöchigen Testphase fällt es schwer, den ID.7 wieder abzugeben. Bei aller berechtigter Kritik, die Volkswagen in letzter Zeit entgegengebracht wird, darf man an dieser Stelle ruhigen Gewissens sagen, dass die Wolfsburger, beziehungsweise die Emder hier ein wirklich gutes Auto gebaut haben. Selbst in tiefstem Winter überzeugte die Limousine auf ganzer Linie. Besonders das sehr schnelle Aufladen der Batterie, inklusive der Möglichkeit, diese manuell per Knopfdruck vorzuwärmen, lassen selbst im Winter weder Reichweitenängste noch Ladefrust aufkommen.
Generell kombiniert der ID.7 eine moderne Infotainment-Architektur mit einer soliden Assistenzsystem-Suite. Die konsequente Nutzung einer Zentralarchitektur ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der Einführung neuer Funktionen und Updates. Die Kombination aus weitestgehend intuitivem UX-Design, umfassender Sensorik und leistungsstarken Rechenplattformen zeigt, dass Volkswagen mit dem ID.7 einen wichtigen Schritt in Richtung software-definiertes Fahrzeug macht. Trotz einiger Optimierungspotenziale, etwa beim Sprachassistenten, bietet das Fahrzeug eine überzeugende Mischung aus Technologie, Komfort und Sicherheit.