Der Kia EV3 auf einem Feldweg bei Sonnenuntergang

Der Kia EV3 punktet in Sachen Infotainment und Assistenzfunktionen.

Der Titel „World Car of the Year 2025“ ist eine große Auszeichnung – und doch ein überraschender Auftakt für diesen Test. Denn es ist nicht unbedingt der Wow-Effekt, mit dem der Kia EV3 glänzt. Vielmehr ist es die durchgängige Konsistenz in Konzept und Umsetzung, die ihn für die internationale Jury von 96 Automobiljournalistinnen und -journalisten aus 30 Ländern zum Sieger gemacht hat. Kia sichert sich mit dem EV3 den begehrten Titel bereits zum zweiten Mal in Folge – 2024 ging er an das größere Flaggschiff EV9 .

Der EV3 selbst will weniger Statement sein als solide Lösung – für all jene, die sich für Elektromobilität interessieren, aber keinen Technologietempel, sondern ein gut nutzbares Fahrzeug suchen. Der kompakte Stromer basiert auf der bekannten E-GMP-Plattform, bietet bis zu 605 Kilometer Reichweite, einen 204 PS starken Frontantrieb und ein nutzerorientiertes Bedienkonzept. Mit 4,30 Metern Länge positioniert er sich als Alltagstalent im umkämpften Kompakt-Segment.

Kia will mit dem EV3 zeigen, dass sich durchdachte Elektromobilität, gutes Design und moderne Technik auch in der Kompaktklasse umsetzen lassen.  Mit einer Länge von 4,30 Metern ordnet sich der EV3 unterhalb des größeren EV6 und deutlich unterhalb des EV9 ein, übernimmt aber viele seiner Gestaltungsideen und technischen Lösungen. Der EV3 basiert auf der markeneigenen Elektroplattform, bietet bis zu 605 Kilometer Reichweite und ist sowohl mit 58,3 kWh als auch 81,4 kWh großem Akku erhältlich. Die Ladeleistung ist solide, der Antrieb mit 204 PS rein frontgetrieben. Das alles liest sich auf dem Papier vernünftig – entscheidend ist aber, wie sich der EV3 im Alltag schlägt.

Keine Reichweitenangst bei idealen Bedingungen

Unser Test führt uns unter anderem auf eine längere Strecke: von Hannover nach Cuxhaven, 252 Kilometer, Außentemperatur 18 Grad, Rückenwind. Startreichweite laut Display: 285 Kilometer. Bei Ankunft: noch 98 Kilometer Rest. Ohne Tempolimit-Spielereien, aber auch nicht im Eco-Modus – eine realistische Nutzungssituation, in der sich der EV3 unaufgeregt bewährt. Doch die Stärken des EV3 liegen nicht nur in der Reichweite, sondern in den Dingen, mit denen man jeden Tag zu tun hat.

Das Infotainment überzeugt restlos

Was uns im Test besonders auffällt – und deutlich positiver als bei vielen Mitbewerbern in dieser Klasse hervorsticht – ist die Benutzerführung. Kia hat hier nicht nur ein übersichtliches Infotainmentsystem installiert, sondern auch sehr durchdacht kombiniert: Touchscreen, haptisches Feedback, klare Menüstruktur – das alles wirkt angenehm aufgeräumt, ohne banal zu sein. Ein Highlight ist die mittlere Bedienleiste mit kontextabhängigen Funktionen, die sich per Tastendruck zwischen Klima- und Mediensteuerung umschaltet. Dazu gibt’s klassische Drehregler für Lautstärke und Temperatur. Ein Beispiel für hybride UX, wie sie selten so gelungen umgesetzt ist.

Besonders praktisch im Alltag: die frei belegbare Stern-Taste. Einmal konfiguriert, lässt sich darüber jeder beliebige Menüpunkt direkt aufrufen – etwa die Rekuperationsstufen, die Einpedal-Funktion oder das Fahrerassistenzmenü. Die Tiefe der Menüs ist bemerkenswert: Fast jede Funktion lässt sich individualisieren, vom Ambientelicht über Ladeoptionen bis zur Verkehrszeichenerkennung. Trotzdem bleibt die Bedienung intuitiv.

Dass das Infotainment-System Update-fähig ist, versteht sich mittlerweile fast von selbst. Kia Connect, die hauseigene Plattform für vernetzte Dienste, ist inzwischen bei 1,5 Millionen Nutzerinnen und Nutzern in Europa angekommen​. Per Over-the-Air-Update lassen sich neue Funktionen wie Streamingdienste, ein WiFi-Hotspot oder auch der neue Park-Bezahldienst integrieren – beim EV3 erstmals direkt an Bord. Wer mag, kann das Auto sogar mit kleinen Funktions-Upgrades nachrüsten. Das ist technisch nicht einzigartig, aber sauber umgesetzt.

Sehr gut abgestimmte Assistenzsysteme auf allen Straßen

Auch die Fahrerassistenzsysteme geben sich im EV3 betont zurückhaltend – und das ist durchaus als Kompliment zu verstehen. Der adaptive Tempomat regelt verlässlich, der Spurhalteassistent bleibt auch bei höheren Geschwindigkeiten ruhig. Auf der Autobahn, etwa bei 130 km/h, führt der EV3 dezent, ohne in jede kleine Lenkbewegung einzugreifen. Wer kurz loslässt, wird nach zwölf Sekunden optisch erinnert, die Hände wieder ans Lenkrad zu nehmen – ohne Hektik, ohne übertriebene Warnstufen. Nach 28 Sekunden piepst es das erste Mal. Doch bereits ein zartes Berühren mit einem Finger genügt, um sich wieder entspannt zurücklehnen zu können. Und das geht. Denn der EV3 hält nichts von Lenkrädern, die wackelig gegen den Fahrer arbeiten. Das Auto ist so gut abgestimmt, dass es erkennt, wenn Fahrbahnmarkierungen unzureichend sind und übergibt klar und deutlich die Kontrolle zurück an die Person am Steuer. So geht wirklich hilfreiche und unterstützende Fahrassistenz – und das für einen Einstiegspreis unterhalb von 40.000 Euro. Auch der automatische Spurwechsel funktioniert auf der Autobahn angenehm schnörkellos – Blinker betätigen, Lenkrad locker halten, fertig.

Neu ist das sogenannte „Smart Regeneration System Plus“, das mithilfe von Navigationsdaten vorausschauend rekuperiert​. Das heißt: Vor Kreuzungen, Kreisverkehren oder Tempolimits passt der EV3 das Tempo automatisch an – ohne aktiven Tritt auf die Bremse. Die Funktion ist als kostenloses OTA-Upgrade im Kia Connect Store verfügbar und lässt sich mit einem längeren Druck auf die rechte Lenkradwippe aktivieren. Im Alltag fällt das System kaum auf – was aber eher für als gegen seine Integration spricht. Denn das Ziel ist klar: Fahrkomfort und Effizienz ohne unnötige Showeffekte. Sprachsteuerung gibt es, allerdings – wie bei der Konkurrenz auch – mit mehr Schatten als Licht. In unserem Test wollte der Assistent auf „Hey Kia“ nicht immer reagieren.

Ein würdiger Weltmeister?

Der Kia EV3 ist kein Auto, das mit Superlativen hausieren geht. Er verzichtet auf überdrehte Touchkonzepte oder überbordenden Leistungswahn. Stattdessen liefert er ein durchdachtes, angenehm unaufgeregtes Paket: technisch solide, nutzerfreundlich, alltagstauglich. Besonders die Bedienstruktur und das Infotainment setzen Maßstäbe in dieser Fahrzeugklasse – nicht durch Innovation um jeden Preis, sondern durch gute Usability. Dass Kia dafür unter anderem mit dem iF Design Award ausgezeichnet wurde​, wirkt vor diesem Hintergrund stimmig.

Die Langstreckenerfahrung im Test bestätigt: Wer nicht rast, sondern einfach fährt, kommt mit dem EV3 zuverlässig ans Ziel. Reichweite, Platzangebot, Menüführung – alles auf einem Level, das den EV3 in der Liga der ernstzunehmenden Kompakt-Stromer etabliert. Kein Aha-Erlebnis, aber auch keine Schwächen, die ins Gewicht fallen. Oder anders gesagt: Der EV3 will kein Statement setzen. Aber genau das macht ihn für viele zur vernünftigen Wahl – ein würdiger Weltmeister.

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