ADAS- und UX-Test

Der Audi A6 e-tron im Alltagscheck

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The Audi A6 Avant e-tron with a Cd value of 0.24
Der Audi A6 Avant e-tron hat eine cw-Wert von 0,24.

Mit dem A6 e-tron – auf Basis der verspäteten PPE-Architektur – will Audi in der oberen Mittelklasse punkten. Wir blicken vor allem auf die digitale Nutzererfahrung und die Fahrerassistenzsysteme Wie harmonisch gelingt die Umsetzung im Alltag?

Seit rund einem Jahr sind Audis PPE-Modelle Q6 e-tron und A6 e-tron nun auf dem Markt. Letzteres haben wir zwei Wochen lang selbst getestet. So viel sei vorab verraten: An der Qualität der neuen Autos dürfte die aktuelle Absatzschwäche der Ingolstädter nicht liegen. Ähnlich wie beim Porsche Macan, der auf derselben Plattform beruht, hat sich auch beim A6 e-tron gezeigt, dass die lange Entwicklungszeit lohnend war. Als Gesamtpaket kann der A6 e-tron überzeugen. In Sachen Infotainment, UX und ADAS-Funktionen haben wir wie immer genauer hingeschaut. Hier gilt es noch an kleinen Stellschrauben zu drehen.

Generell dominieren im Inneren drei hochauflösende Touchdisplays das Cockpit. Im Zentrum steht ein 14,5-Zoll-Touchscreen, flankiert von einem digitalen 11,9-Zoll-Kombiinstrument – optional ergänzt durch ein 10,9-Zoll-Beifahrerdisplay, das Navigationshilfen und Medieninhalte übernimmt. Die OLED-Technologie sorgt für gestochen scharfe Darstellungen mit tiefem Schwarz und hoher Entspiegelung. Das gebogene Display ist gut auf den Fahrer ausgerichtet, dennoch verdeckt das Lenkrad die Schnellzugriffe für Navigation und Medien links außen teilweise. Auch das Wischmenü vom linken Rand ist schwierig erreichbar.

Der Audi A6 e-tron

Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Sportback e-tron performance
Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Sportback e-tron performance
Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Avant e-tron
Audi A6 Avant e-tron

Die Menüstruktur ist logisch aufgebaut, allerdings könnten die Icons für Schnellzugriffe besser abgesetzt und größer gestaltet sein. Auch die Touchbedienung der Klimaautomatik bringt Komfort, lässt aber haptische Rückmeldung vermissen. Die Eingabeflächen sind dabei relativ klein und komplexere Einstellungen wie die Luftverteilung liegen eine Menüebene tiefer. Audi verzichtet insgesamt zunehmend auf klassische Schalter: Selbst die Licht-, Spiegel- und Zentralverriegelungsfunktionen sind in berührungsempfindliche Flächen im Türbereich integriert, die sich im Test als unpräzise und fummelig erwiesen. Die kapazitiven Tasten am Lenkrad folgen demselben Prinzip – wenig fühlbar, schwer treffsicher zu bedienen.

Das digitale Kombiinstrument enttäuscht mit zu kleinen Anzeigen und einer groben Skalierung. Eine echte Kartenansicht oder ein klassischer Tacho fehlen – ein Rückschritt im Vergleich zu früheren Audi-Displays. Immerhin: Der Tempomat ist noch konventionell über einen separaten Lenkstockhebel steuerbar, und die Lautstärke lässt sich per Drehregler regeln.

Infotainment & Konnektivität: Vollausstattung trifft Update-Fähigkeit

Als Betriebssystem kommt Android Automotive OS mit tief integrierten Google-Diensten wie Maps, Assistant und App-Store zum Einsatz. Over-the-Air-Updates sorgen dafür, dass neue Features – etwa ein KI-gestützter Chatbot – künftig einfach nachgereicht werden können. Serienmäßig an Bord sind unter anderem Online-Navigation mit Live-Daten und Ladeplanung, kabelloses Apple CarPlay & Android Auto, DAB+, WLAN-Hotspot und vier USB-C-Anschlüsse. Auch das kabellose Laden per Smartphone-Ablage funktioniert zuverlässig.

Optional bietet Audi ein B&O 3D-Soundsystem mit Lautsprechern in den Kopfstützen und aktiver Geräuschunterdrückung. Über die Audi-App lassen sich Fahrzeugdaten abrufen, Türen fernverriegeln und bis zu fünf digitale Schlüssel verschicken. Zudem ist der A6 e-tron vollständig OTA-fähig und erlaubt Funktionen-on-Demand.

Augmented Reality & Head-up-Display: Hightech trifft Praxis

Das AR-Head-up-Display projiziert Fahrhinweise direkt ins Sichtfeld, was insbesondere für Navigation und Tempolimits ein echter Gewinn ist. Allerdings könnten die eingeblendeten Informationen bei voller Funktionalität etwa durch auffällige Warnbalken oder Hervorhebungen vorausfahrender Fahrzeuge leicht zur Ablenkung führen. Hier ist eine bessere Feinabstimmung nötig, um zwischen Information und Überfrachtung zu balancieren.

Assistenzsysteme: Solide Basis, aber noch mit Luft nach oben

Das Rückgrat der Fahrassistenz bildet Audis neue E³ 1.2-Elektronikarchitektur. Sie organisiert zentrale Fahrzeugfunktionen – darunter Antrieb, Infotainment, Komfort und Assistenz – über fünf spezialisierte Domänenrechner. Bereits ab Werk sind essenzielle Systeme wie ein Notbremsassistent, Spurhaltehilfe und adaptive Temporegelung an Bord. Für zusätzliche Funktionen wie Spurwechselwarnung, Ausstiegswarnung und Querverkehrserkennung hinten werden jedoch optionale Radarsensoren im Heckbereich benötigt.

Im Alltag hinterlässt der adaptive Fahrassistent einen gemischten Eindruck: Während er auf gut ausgebauten Autobahnen harmonisch agiert und mit präziser Geschwindigkeits- sowie Spurführung punktet, zeigt er auf schlecht markierten Straßen Schwächen. Die Lenkunterstützung greift dann mit spürbarem Widerstand ein, was den Fahrer eher be- als entlastet. Das vorausschauende Verzögern etwa bei querenden Fahrzeugen oder engeren Situationen ist ebenfalls noch nicht fein abgestimmt. Das System reagiert oft übervorsichtig und lässt beim Wiederanfahren eine gewisse Trägheit erkennen.

Pluspunkte sammelt Audi bei der Bedienlogik: Die Spurfunktion lässt sich über einen gut erreichbaren haptischen Schalter am Ende des Blinkerhebels intuitiv deaktivieren, ohne dass der Fahrer den Blick von der Straße nehmen muss. Zudem ermöglicht ein individualisierbarer Assistentenmodus die Steuerung des gesamten Funktionsumfangs mit nur einem Befehl. Auch der gesetzlich vorgeschriebene Geschwindigkeitsassistent (ISA) lässt sich per Schnellwahltaste am Lenkrad unkompliziert ausschalten, wird beim Fahrzeugneustart jedoch automatisch reaktiviert, wie es die EU-Vorgabe verlangt.

Positiv fällt zudem die sensible Lenkraderkennung auf, die einhändiges Fahren zuverlässig erkennt. Tempolimits werden in der Regel korrekt übernommen. Ein automatischer Spurwechselassistent fehlt allerdings – überraschend für ein Fahrzeug, das mit technologischem Vorsprung wirbt.

Raumkomfort & Verarbeitung: Premium, wie man es erwartet

Der A6 Avant e-tron bleibt ein Kombi mit voller Alltagskompetenz: 502 Liter Kofferraumvolumen (max. 1422 Liter bei umgeklappter Rückbank), plus 27 Liter Frunk mit charmanter Gestenöffnung an den Audi-Ringen. Das Interieur überzeugt mit hochwertigen Materialien, klarer Formensprache und hervorragender Verarbeitung. Die S line-Sportsitze bieten Seitenhalt und Langstreckenkomfort gleichermaßen.

Der Audi A6 Avant e-tron bringt viel von dem mit, was man von einem Premium-Elektrokombi erwartet: hohe Reichweite, exzellente Konnektivität, hochwertige Materialien und zukunftssichere Softwarearchitektur. Die Integration digitaler Features ist durchdacht, wenngleich sie an manchen Stellen unter der Priorisierung von Touch statt Tasten leidet. Insbesondere die Bedienlogik bei Assistenzsystemen und Lenkradtasten bietet noch Optimierungspotenzial.